Zählzwang

Beim Zählzwang leiden die Betroffenen unter dem sich immer wieder aufdrängenden Impuls, in Gedanken bestimmte Zählrituale ausführen zu müssen.

Viele Betroffene kennen dabei das Phänomen, dass sie in Gedanken immer wieder bestimmte Zahlenabfolgen durchgehen müssen, zum Beispiel “drei - acht - elf - siebzehn - drei - acht... usw.”.

Sehr viele Erkrankte kennen auch den Drang, in Gedanken immer wieder bestimmte Rechenaufgaben weiterführen zu müssen, zum Beispiel “3+7=10, 10+7=17, 17+7=24, 24+7=31, ...”

Andere Betroffene kennen vorrangig den Druck, bestimmte Objekte immer wieder zählen zu müssen, wie zum Beispiel vorbeifahrende Autos, Pflastersteine usw.

Bei einigen Betroffenen besteht darüber hinaus der Drang, auch bestimmte Handlungen nach festgelegte Zählritualen durchführen zu müssen.

Die beim Zählzwang auftretenden Zahlenabfolgen unterliegen dabei häufig nicht einem bestimmten mathematischen Muster, vielmehr kennen viele Betroffene “gute Zahlen” und “schlechte Zahlen”, ohne dass genauer begründbar wäre, warum bestimmte Zahlen als “gut” oder “schlecht” erlebt werden.

Diese Unterteilung in “gute” und “schlechte” Zahlen führt bei einigen Betroffenen dazu, dass sie neben dem Zählzwang auch bestimmte Rituale sowie “Gebote und Verbote” entwickeln, wie zum Beispiel immer genau vier Äpfel einkaufen zu müssen, genau dreimal von einem Brot abbeißen zu müssen, nicht um 19:07 Uhr das Haus verlassen zu dürfen, nicht am Mittwoch Wäsche waschen zu dürfen und so weiter.

Im Hintergrund des Zählzwangs steht wie auch bei anderen Zwängen oftmals die Befürchtung, dass bestimmte bedrohliche Ereignisse passieren könnten, wenn der Zählzwang unterlassen wird oder wenn Handlungen entsprechend “schlechter Zahlen” durchgeführt wurden.

Erfahrungsberichte:

Elisabeth (52 J.)* aus Traunstein:
“Zählzwänge kenne ich schon seit meiner Kindheit. Ich weiß noch, dass ich bereits als Kind immer wieder damit beschäftigt war, die Platten auf den Gehwegen in unserem Wohnblock zu zählen. Ich hatte mir da ein ganz besonderes ‘Spiel’ ausgedacht und die Platten in immer gleichen Rhythmen durchgezählt. Später hatte ich dann den verrückten Gedanken, dass ich bestimmte Platten nicht betreten dürfte, weil dann irgendwelche bösen Leute kommen würden.

Was ich damals noch so als Spiel erlebt habe, hat sich dann später als ich im Studium war, plötzlich wieder gemeldet. Ich hatte Stress mit den Prüfungen, fühlte mich auch insgesamt nicht wohl, war unzufrieden mit mir und meinem Körper. Aus irgend einem Grund kam mir dann plötzlich der Gedanke, dass ich die Steinplatten auf dem Gang zum Hörsaal zählen sollte. Das hat mich gleich so sehr beruhigt - endlich war wieder etwas da, das mir ‘helfen’ konnte und mir eine Struktur gab.

Ich habe mir die Zählzwänge dann immer wieder als ‘Hilfe’ geholt, wenn ich vor irgend etwas Angst hatte oder unsicher war. Leider ist das Ganze dann irgendwann gekippt - ich habe plötzlich immer mehr von der Zählerei gebraucht, um mich beruhigen zu können. Zusätzlich habe ich dann auch noch Ordnungszwänge bekommen und immer wieder auch Zwangsgedanken.

Ich habe lange gewartet - zu lange, wie ich jetzt weiß. Zu meinem 50. Geburtstag habe ich mir dann schließlich einen Ruck gegeben und mich endlich an einen Arzt gewandt. Jetzt bin seit zwei Jahren in Therapie und merke, dass die Zwänge langsam etwas besser werden - aber nach gut 40 Jahren Zwängen gebe ich mir auch etwas Zeit, bis es endlich wieder gut wird. Mein Therapeut gibt mir dabei immer wieder Hoffnung, dass ich es trotz meines Alters auch schaffen werde. Und inzwischen haben mir meine ersten Erfolge auch gezeigt, dass es auch für mich ein Leben ohne die Zwänge zu geben scheint.”

Zählzwang: Therapie

Für die Behandlung des Zählzwangs wird neben einer medikamentösen Behandlung zumeist eine Psychotherapie, insbesondere die so genannte Kognitive Verhaltenstherapie, angeraten. Für weitere Informationen zur Therapie des Zählzangs siehe das Kapitel Zwänge: Therapie.

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